Schulverwaltung goes online – Schulen im Spannungsfeld zwischen Onlinezugangsgesetz und DSGVO

Im Auftrag der Länder Bayern, Baden-Württemberg und RheinlandPfalz entwickelt ISB AG Schulverwaltungslösungen, welche die Schulen beim Management des schulischen Alltags unterstützen und den Austausch von steuerungsrelevanten Informationen zwischen Schulen und Schulaufsichtsbehörden ermöglichen. Damit stehen in allen drei Ländern landesweit einheitliche und schulartübergreifend einsetzbare Werkzeuge zur Verfügung, mit denen schulische Verwaltungs- und Planungsprozesse digital abgebildet werden. Dieser Ansatz hilft einerseits den Schulen, indem Arbeitsabläufe vereinheitlicht und Papierberge reduziert bzw. vermieden werden. Andererseits vereinfacht und beschleunigt er die Erhebung von einheitlichen Statistiken mit einer gleichbleibend hohen Datenqualität und ermöglicht somit eine zielgerichtete Steuerung des Schulsystems. Die Amtliche Schulverwaltung (ASV) wird in Bayern mittlerweile an 4.500 Schulen produktiv eingesetzt. Der Rollout von ASV-BW in Baden-Württemberg und edoo.sys in Rheinland-Pfalz ist in vollem Gange, so dass letztlich rund 12.000 Schulen in den drei Bundesländern mit den jeweiligen Systemen arbeiten werden. 

Hauptzielgruppe der Schulverwaltungssoftware sind zunächst die Schulleitungen und Sekretariate. Doch auch Lehrkräfte sind an den schulischen (Verwaltungs-)Prozessen maßgeblich beteiligt. Häufig haben Lehrkräfte jedoch nicht zu jeder Zeit Zugriff auf das System. In der Schule stehen oftmals nicht genügend Rechner zur Verfügung. Da die Software in der Regel in einem speziell abgesicherten Verwaltungsnetz der Schule läuft, ist der Zugriff von außerhalb der Schule normalerweise nicht möglich und aus Sicherheitsgründen auch nicht erwünscht. Dies führt dazu, dass es in den Schulen in Stoßzeiten, beispielsweise bei der Zeugniserstellung, zu Engpässen kommt. Diese werden beispielsweise durch das zeitweise Aufstellen zusätzlicher Rechner abgefangen, teilweise werden Daten aber auch durch die Lehrer in separaten Listen erfasst und später durch die Klassenlehrer oder Sekretariate in die Schulverwaltungssoftware übertragen. Diese manuelle Übertragung ist fehleranfällig und sorgt für zusätzlichen Aufwand. Typischerweise erledigen Lehrer einen großen Teil ihrer Verwaltungsarbeit von zu Hause aus. Ein Online-Zugriff auf das Schulverwaltungssystem ist daher wünschenswert, damit Daten zentral gepflegt und bereitgestellt werden können.

Von der Online-Notenverwaltung zum Lehrerportal

Mit der Notenerfassung Online (NEO) betreibt das Land BadenWürttemberg eine von ISB AG entwickelte, webbasierte Lösung, mit deren Hilfe Lehrer vom heimischen Arbeitsplatz aus Noten für ihre Schüler orts- und geräteunabhängig erfassen können. Die online eingegebenen Noten werden mit dem Schulverwaltungssystem synchronisiert und stehen dort zur weiteren Verarbeitung (z.B. zum Zeugnisdruck) zur Verfügung. Die mehrfache, manuelle und fehleranfällige Übertragung aus separat geführten Listen entfällt damit.

Das System startete im Jahr 2016 zunächst in einem Pilotbetrieb. Auf Grundlage der dabei gesammelten Erfahrungen wurde NEO seither konsequent weiterentwickelt. Seit 2017 befindet sich das System im Regelbetrieb und steht allen Schulen des Landes Baden-Württemberg für die Online-Eingabe der Noten zur Verfügung (siehe Info-Kasten). Auch die Länder Bayern und Rheinland-Pfalz planen den Einsatz von NEO.

Mit der Notenerfassung vom heimischen Arbeitsplatz ist ein erster Schritt getan. Für ihre tägliche Arbeit benötigen die Lehrer jedoch weitere Funktionen. So wird beispielsweise der Zugriff auf weitere Daten der Schüler zur Erzeugung von Berichten und Listen benötigt. Für die Planung von Klassenarbeiten und Ausflügen ist ein Terminkalender hilfreich. Die Online-Erfassung von Abwesenheiten und Fehlzeiten und ein automatisierter Abgleich mit den im Sekretariat eingegangenen Entschuldigungen würde den Kommunikationsaufwand deutlich reduzieren und schafft somit mehr Zeit für andere Themen im Schulalltag. Die modulare Architektur von NEO erlaubt eine stetige Erweiterung um weitere Funktionen. Alle Daten stehen ohne manuelle Übertragung sofort in der Schulverwaltungssoftware zur Verfügung. NEO wird so zum Lehrerportal, das alle wichtigen Funktionen zentral bereitstellt.

Portale für Eltern und Schüler

Sowohl im beruflichen als auch im privaten Alltag haben wir uns daran gewöhnt, Informationen schnell und einfach online abzurufen oder Besorgungen zu erledigen. Portale schaffen die Möglichkeit, Eltern und Schüler noch enger in die schulischen Prozesse einzubeziehen. Auch den Schulen käme es zugute, bestimmte Prozesse online anzubieten:

  • Erfassung von Krankmeldungen, die bisher in der Regel telefonisch oder per E-Mail erfolgen und insbesondere in der kalten Jahreszeit für eine sehr hohe Auslastung sorgen.
  • Die Anmeldung zu (weiterführenden) Schulen erfolgt in Baden- Württemberg in einem festen Zeitraum. In dieser Zeit sind die Sekretariate in der Regel ausschließlich mit der Bearbeitung der Anmeldungen beschäftigt.
  • In der 10. Klasse treffen die Schüler ihre Wahl für die Fächerbele- gung für die Oberstufe. Die Oberstufenkoordinatoren erfassen diese im System. Eine Online-Erfassung durch die Schüler selbst würde hier zusätzliche Zeiträume für die Beratung der Schüler schaffen.
  • Übermittlung von Elternbriefen und sonstigen Informationen der Schule, um die bisher noch stark verbreitete „Ranzenpost“ zu erset zen und um Papier- und Druckkosten einzusparen.

 

Dies sind nur einige Beispiele. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Die Schulen haben das Potenzial erkannt und erweitern ihren Online-Auftritt um entsprechende Angebote. In einzelnen Bereichen haben sich hier bereits Standardlösungen etabliert, die von den Eltern und Schülern sehr gut angenommen und rege genutzt werden. Vielfach werden von den Schulen jedoch Insellösungen eingesetzt, selbst betrieben und teilweise sogar selbst implementiert. Eine direkte Anbindung der eingesetzten Speziallösungen an die Schulverwaltungssoftware ist in der Regel nicht ohne weiteres möglich. Das führt dazu, dass die Schulen die jeweiligen Daten immer noch manuell zwischen den einzelnen Systemen hin und her übertragen müssen. Das volle Optimierungspotenzial kann nur mit einem medienbruchfreien, automatischen Datenabgleich mit der Schulverwaltungssoftware ausgeschöpft werden.

Herausforderung Datenschutz

Eine große Herausforderung beim Einsatz solcher Lösungen stellen für die Schulen die Anforderungen des Datenschutzes dar. Die seit Mai 2018 gültige Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) enthält europaweit verbindliche, einheitliche Regelungen für den Datenschutz. Darin wurden die bisher für den Umgang mit personenbezogenen Daten geltenden strengen Regeln noch einmal verschärft (Dokumentation und Nachweispflichten). Zudem können Verstöße gegen die Verordnung mit hohen Bußgeldern belegt werden. Die Verunsicherung bei Schulen und Lehrern ist groß. Dürfen Lehrer Daten ihrer Schüler überhaupt noch auf dem eigenen Computer speichern, ohne sich haftbar zu machen? Diese Unsicherheit führte vereinzelt dazu, dass Schulen vorerst ganz auf den Betrieb einer Schul-Website verzichten, um kein Risiko einzugehen. In einer Düsseldorfer Grundschule ging die Unsicherheit sogar so weit, dass man komplett auf die computergestützte Zeugniserstellung verzichtete und alle Jahreszeugnisse von Hand geschrieben wurden (https://www.sueddeutsche.de/bildung/die-dsgvo-und-ihre-folgen-lehrer-schreiben-sich-die-fi nger-wund-1.4011933).

Hier kann den Schulen geholfen werden, indem ihnen Lösungen zur Verfügung gestellt werden, die bereits während der Entwicklung einen klaren Fokus auf das Thema Datenschutz hatten und für die eine entsprechende Freigabe vorliegt. So wurde beispielsweise auch NEO vor der Aufnahme des Produktivbetriebs durch die jeweiligen Datenschützer geprüft und freigegeben. Durch den zentralen und professionellen Betrieb in einem Rechenzentrum der BITBW, dem IT-Dienstleister des Landes Baden-Württemberg, ist darüber hinaus sichergestellt, dass Datenschutzanforderungen, wie eine strikte Zugangskontrolle, jederzeit berücksichtigt werden. Für Schulen und Lehrer bedeutet dies Rechtssicherheit. 

Onlinezugangsgesetz

Auch die Schulaufsichtsbehörden haben ein Interesse daran, die Schulen mit entsprechenden Online-Lösungen auszustatten. Im Jahr 2017 wurde das Onlinezugangsgesetz (OZG) verabschiedet. Es bildet die Grundlage für die Umsetzung der E-Government-Strategie der Bundesregierung. Ziel ist die schnellere Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen und damit die einfache Erledigung von Behördengängen. Bis 2022 müssen Bund, Länder und Kommunen Verwaltungsdienstleistungen in einem gemeinsamen Portalverbund mit einem einheitlichen Login zur Verfügung stellen. Ein Umsetzungskatalog regelt, welche Verwaltungsleistungen umzusetzen sind. Allein im schulischen Bereich sind rund 30 Dienstleistungen genannt, welche im Sinne des OZG digitalisiert werden sollen (https://www.it-planungsrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/Entscheidungen/26_Sitzung/TOP2_Anlage_OZGUmsetzungskatalog.pdf).

Ein Beispiel für eine dieser Verwaltungsdienstleistungen ist die Anmeldung zu einer weiterführenden Schule. Derzeit erfolgt diese persönlich im Sekretariat der Schule. In Baden-Württemberg erfolgen alle Anmeldungen für die weiterführenden Schulen an zwei festgelegten Tagen im Jahr. Die Eltern füllen hierbei ein Anmeldeformular aus, unterschreiben dieses und geben es persönlich in der Schule ab. Alle Anmeldungen müssen durch die Schulen zeitnah in der Schulverwaltungssoftware erfasst werden, um entsprechende Berichte für die Schulaufsichtsbehörden erstellen zu können. Die manuelle Erfassung der Daten ist zeitaufwändig und fehleranfällig. Für die Schulen bedeutet dieses Anmeldeverfahren puren Stress. Eine Online-Erfassung der Daten durch die Eltern vor der eigentlichen Anmeldung würde eine automatisierte Übernahme in die Schulverwaltungssoftware erlauben. Damit könnten die Sekretariate entlastet und gleichzeitig die Fehlerquote reduziert werden.

Hier sind nun die Schulaufsichtsbehörden gefordert, entsprechende Lösungen im Rahmen der E-Government-Strategie der Länder umzusetzen. Idealerweise erfolgt die Umsetzung im direkten Zusammenspiel mit den bereits im Einsatz befindlichen, landesweit bereitgestellten Schulverwaltungslösungen.

Schulverwaltung wird zum Schulportal

Mit NEO steht hierzu eine erprobte Architektur zur Realisierung und Digitalisierung von Prozessen des schulischen Alltags zur Verfügung. Herzstück ist dabei die sichere Synchronisation der relevanten Daten zwischen Schulverwaltungssoftware und Webanwendung(en). Dadurch ist eine effektive Abwicklung der jeweiligen Verwaltungsprozesse gewährleistet. Die modulare Architektur gewährleistet, dass neue Prozesse jederzeit ergänzt werden können und somit ein Schulportal für verschiedene Benutzergruppen, wie Lehrer, Eltern und Schüler, zur Verfügung gestellt wird.

Um die Anforderungen aus dem OZG zu erfüllen, müssen die so umgesetzten Schulportale in die jeweiligen E-Government Portalverbünde integriert werden. Ein Schlüsselfaktor dabei ist ein einheitliches Login über eine flexible Authentifizierungskomponente. Diese ist so gestaltet, dass neue Authentifizierungsmethoden jederzeit eingebunden werden können. Dadurch ist sichergestellt, dass die Anbindung an das Identitätsmanagement der jeweiligen Länder (z.B. BayernID3) mit geringem Aufwand möglich ist.

Fazit

Die direkte Einbindung von Lehrern und Eltern in die schulischen Prozesse ist für die Schulen in der heutigen Zeit unabdingbar. Online-Systeme mit direkter Anbindung an das Schulverwaltungssystem helfen dabei, die Schulleitungen und Sekretariate zu entlasten und Fehlerquellen zu eliminieren. An vorderster Stelle steht hierbei die Erfüllung höchster Datenschutz-Standards. Das gibt den Schulen Rechtssicherheit bei der Erfüllung der Anforderungen aus der DSGVO. Gleichzeitig helfen solche Systeme den Bundesländern dabei, die Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes zu erfüllen und Bürgern einen Online-Zugang zu Verwaltungsleistungen bereitzustellen. Die Schulverwaltungssysteme der ISB sind bereits heute entsprechend aufgestellt. Mit NEO steht eine Basistechnologie zur Verfügung, mit der solche Portale leicht in die bestehenden Schulverwaltungslösungen integriert werden können.

Zuletzt wurde NEO zur Erfassung der Jahreszeugnisse von 180 Schulen aller Schularten aus ganz Baden-Württemberg genutzt. Im System waren dabei mehr als 5000 Nutzer registriert. Es wurden Noten für mehr als 90.000 Schüler aus knapp 4.500 Klassen erfasst. In der „heißen Phase“ wurde das System täglich von bis zu 1.100 Nutzern zur Erfassung von mehr als 35.000 Zeugnisnoten genutzt.