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Low-Code: Der Turbo für Ihre Digitalisierung – Wann lohnt sich der Einsatz?
Digitale Transformation ist eine Notwendigkeit für jedes Unternehmen, das zukunftsfähig bleiben und am Markt bestehen möchte. Auch die öffentliche Verwaltung ist gesetzlich zur Digitalisierung von Bürgerdiensten verpflichtet. Doch wie kann das gelingen, bei steigendem Kostendruck, klammen Haushaltskassen und fehlenden Fachkräften? Mehr und mehr Unternehmen setzen auf Low-Code, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Low-Code verspricht nicht nur schnelle Ergebnisse und gesteigerte Effizienz, sondern auch die Demokratisierung der Softwareentwicklung. Doch wann lohnt sich der Einsatz wirklich, und wo liegen die Grenzen? In diesem Artikel betrachten wir die Potenziale und Herausforderungen von Low-Code und zeigen, wie Sie das Beste aus dieser Technologie herausholen
Was ist Low-Code, wann lohnt sich der Einsatz?
Low-Code-Plattformen ermöglichen es, Softwareanwendungen visuell zu modellieren und schnell zu entwickeln, ohne tief in den Quellcode eintauchen zu müssen. Insbesondere Unternehmen, die ihre Prozesse effizienter gestalten und gleichzeitig flexibler auf Marktveränderungen reagieren wollen, profitieren von Low-Code. Die Technologie ist ideal, um interne Abläufe zu automatisieren, maßgeschneiderte Kundenlösungen zu schaffen und Geschäftsprozesse zu digitalisieren.
Das Kompetenzzentrum Öffentliche Informationstechnologie bietet für Verwaltungsaufgaben auch einen „Wegbereiter: Startklar für Low Code“, der bei der Bewertung und dem Einstieg hilft.
- Schnellere Entwicklung: Softwareprojekte, die früher Monate in Anspruch nahmen, können heute in Wochen oder gar Tagen abgeschlossen werden.
- Kosteneffizienz: Durch die reduzierte Abhängigkeit von teuren IT-Ressourcen können Entwicklungskosten signifikant gesenkt werden.
- Flexibilität: Anpassungen und Erweiterungen lassen sich in Echtzeit vornehmen.
- Demokratisierung der IT: Fachabteilungen können als Citizen Developer eigenständig Anwendungen entwickeln, ohne auf tiefe Programmierkenntnisse angewiesen zu sein, wodurch IT-Abteilungen entlastet werden.
- Skalierbarkeit: Low-Code ermöglicht es, Anwendungen bei Bedarf problemlos zu erweitern und auf neue Marktanforderungen anzupassen und neue Kanäle (z. B. Smartphone-Apps) zu bedienen.
Erfolgreiche Beispiele für den Low-Code Einsatz:
Ein herausragendes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Low-Code ist Siemens, ein weltweit führendes Technologieunternehmen. Siemens nutzte die Low-Code-Plattform von Pega, um seine Prozesse im Kundenservice und in der Automatisierung zu optimieren. So konnte Siemens komplexe Geschäftsprozesse rationalisieren und die Effizienz in der Bearbeitung von Kundenanfragen erheblich steigern. Durch die einheitliche Plattform für den Kundenservice, wurde sowohl die Bearbeitungszeit verkürzt als auch die Kundenzufriedenheit erhöht.
Die Stadt Santa Cruz in Nordamerika hat mit der Low-Code-Plattform Mendix erfolgreich eine Bürgerplattform umgesetzt. Dort können Bürger Services nutzen und zum Beispiel auf Gefahren im Straßenverkehr hinweisen. Von Gartner Analysten wird Mendix, ein Tochterunternehmen von Siemens, im Magic Quadrant als eine der führenden Low-Code-Plattform betrachtet.
Ein weiteres Beispiel stammt aus der Finanzbranche, wo die Bank of America Low-Code genutzt hat, um interne Prozesse zu automatisieren. Mit Hilfe von Low-Code konnte die Bank ihre Kreditvergabeverfahren erheblich beschleunigen und gleichzeitig die Kosten senken. Dies führte zu einer höheren Kundenzufriedenheit und einem besseren Service.
Auch im Bereich der Smart Agriculture hat Low-Code beeindruckende Ergebnisse geliefert. Ein Projekt in Afrika nutzte Low-Code-Plattformen, um IoT-basierte Anwendungen für die Überwachung und Steuerung von Bewässerungssystemen zu entwickeln. Dies ermöglichte eine signifikante Verbesserung der Ressourcennutzung und führte zu höheren Erträgen in den betroffenen Regionen.
Die Stadt Hamburg entwickelt ebenfalls seit 2021 eine eigenen Low-Code-Plattform unter dem Namen MODUL-F.
Unterschiede in den Low-Code-Plattformen:
Grundsätzlich lassen sich Low-Code-Plattformen grob in zwei Kategorien unterteilen: entwicklungs- und vorgangsorientierte.
Erstere (z. B.: Mendix, OutSystems) haben professionelle Entwickler und Citizen Developer im Fokus und sind zur Umsetzung vollständiger Anwendungen vorgesehen.
Vorgangsorientierte Low-Code-Plattformen (z. B.: Pega, Appian, ServiceNow) konzentrieren sich darauf, Geschäftsprozesse zu automatisieren und Workflows zu verwalten. Sie sind weniger darauf ausgerichtet, komplette Anwendungen zu entwickeln, sondern optimieren und automatisieren bestehende Geschäftsabläufe. Zielgruppe dieser Plattformen sind Prozesseigner und Fachabteilungen.
Vertreter beider Kategorien (OutSystems/S&D und Appian/Bechtle) haben Anfang 2024 den Zuschlag zur Bereitstellung von Low-Code-Plattformen für die öffentliche Verwaltung erhalten. Damit können 18 öffentliche Stellen, darunter auch das ITZBund, von den Vorteilen von Low-Code-Plattformen profitieren, ohne dafür eigene Ausschreibungen durchführen zu müssen.
Wann sollte der Einsatz von Low-Code kritisch hinterfragt werden?
- Komplexe und individuelle Anforderungen: Wenn eine Anwendung hochgradig individuell und komplex ist, kann Low-Code schnell an seine Grenzen stoßen. Dies war der Fall bei einem großen Automobilhersteller, der versuchte, ein ERP-System mit Low-Code zu entwickeln, und dabei auf unüberwindbare Hindernisse stieß.
- Hohe Anforderungen an Sicherheit und Compliance: In stark regulierten Branchen, wie dem Gesundheitswesen oder der Finanzindustrie, kann Low-Code möglicherweise nicht die erforderlichen Sicherheits- und Compliance-Standards erfüllen.
- Langfristige Wartbarkeit und Erweiterbarkeit: Wenn Anwendungen über viele Jahre hinweg betrieben und kontinuierlich erweitert werden sollen, kann die Abhängigkeit von einem bestimmten Low-Code-Anbieter (Vendor Lock-in) problematisch sein. Gerichtsverfahren zwischen Anbietern von Low-Code-Plattformen, wie beispielsweise zwischen Pega und Appian, erhöhen diese Unsicherheit.
- Integration mit bestehenden komplexen Systemen: Unternehmen, die komplexe, bereits existierende Systeme integrieren müssen, finden oft, dass Low-Code in Bezug auf die Tiefe und Flexibilität der Integration an seine Grenzen stößt.
- Risiko der Schatten-IT: Low-Code-Plattformen ermöglichen es auch Nicht-IT-Mitarbeitern, Anwendungen zu erstellen. Dies kann zur Entstehung von Schatten-IT führen, wenn diese Anwendungen ohne Wissen und Kontrolle der IT-Abteilung betrieben werden. Schatten-IT birgt erhebliche Risiken in Bezug auf Sicherheitslücken, Compliance-Verstöße, Datenverlust und technische Schulden. Um diese Risiken zu minimieren, ist es entscheidend, eine klare IT-Governance zu etablieren, die auch den Einsatz von Low-Code-Plattformen umfasst und die enge Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilungen fördert.
Aktuelle Entwicklungen und der Einfluss von Low-Code auf die Zukunft der Softwareentwicklung:
Die Bedeutung von Low-Code wächst weiter, besonders in einer Zeit, in der Unternehmen zunehmend auf Automatisierung und schnelle Anpassungsfähigkeit setzen. Künstliche Intelligenz und Machine Learning werden immer wichtiger, und auch hier könnte Low-Code eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von AI-gestützten Anwendungen spielen. Low-Code-Plattformen werden bereits erfolgreich zur Überwachung von Machine Learning Modellen eingesetzt und tragen so dazu bei, die Lücke zwischen Entwicklern und Fachanwendern zu schließen.
Best Practices für den Einsatz von Low-Code:
Eine erfolgreiche Implementierung von Low-Code erfordert fundierte IT-Governance. Es hat sich gezeigt, dass Unternehmen, die flexible Governance-Mechanismen implementieren, erfolgreicher darin sind, die Balance zwischen Kontrolle und Innovation zu halten.
Zu diesen Mechanismen zählen beispielsweise:
- Rollenbasierte Zugriffssteuerung
- Zentrale Richtlinien mit dezentralen Freiheiten
- Low-Code-Sandbox-Umgebungen
- Automatisierte Compliance-Prüfungen
- IT-Begleitung von Citizen Developers
- Governance durch API-Management
Darüber hinaus ist es wichtig, die Low-Code-Plattform strategisch in die Unternehmensziele zu integrieren. Unternehmen, die Low-Code als Teil ihrer Digitalisierungsstrategie verankern, erzielen bessere Ergebnisse und höhere Zufriedenheitswerte.
Schlusswort: Low-Code ist zweifellos ein mächtiges Werkzeug für die digitale Transformation. Das Ziel „Faktor 10 in puncto Schnelligkeit, Flexibilität und Qualität“, wie es das Low-Code Manifest der Low-Code Association e. V. postuliert, sind vielleicht ein überzogenes Werbeversprechen. Selbst wenn die Effekte in der Realität deutlich schwächer sind, werden Unternehmen, die die Vorteile von Low-Code mit einer klaren Strategie und den richtigen Partnern nutzen, den Turbo für ihre Digitalisierung zünden. CONET ISB bietet Ihnen nicht nur die technische Expertise, sondern auch die strategische Beratung, um Ihre Projekte erfolgreich zu realisieren.
Lust auf mehr? – Nehmen Sie Kontakt zu uns auf und erfahren Sie, wie wir Ihnen helfen können, Low-Code gewinnbringend in Ihrem Unternehmen zu nutzen. Gemeinsam beschleunigen wir Ihre digitale Transformation und stellen sicher, dass Sie für die Zukunft bestens aufgestellt sind.
Quellen:
- Studie: Low-Code Building Tomorrow
- Characteristics and Challenges of Low-Code Development: The Practitioners’ Perspective
- Challenges of Low-Code/No-Code Software Development: A Literature Review
- Balancing Risks and Opportunities in the Governance of Low-Code Development Platforms
- Wegbereiter: Startklar für Low Code
- Gartner
- The City of Santa Cruz Centralizes Citizen Requests
- Low-Code soll öffentliche Verwaltung digitalisieren
- Low-Code Manifest der Low-Code Association e.V.