Dynamisches Geopricing am Beispiel Carsharing
Der Raumbezug von Daten wird inzwischen in nahezu allen Wirtschafts- und Lebensbereichen eingesetzt und genutzt. Nur im Preismanagement gibt es bislang wenige Ansätze, die räumliche Verortung von Informationen in die Preisbildung mit einzubeziehen. In diesem Zusammenhang fällt häufig der Begriff Geopricing – was genau allerdings damit gemeint ist und welche Potentiale für Unternehmen dahinterstecken, ist jedoch eher unbekannt. An einem Beispiel zum Thema Carsharing wird deutlich, wie Geoinformationen zur Preisbildung genutzt werden können und worin der Mehrwert, der durch Geopricing erzeugt wird, besteht.
Durch langjährige Erfahrungen sowohl im Pricing als auch in der Einbindung und Verwendung von Geoinformationen ist es ISB AG möglich, die notwendige Verknüpfung des Know-hows aus beiden Bereichen herzustellen und so ihre Kunden bei der Einführung von Geopricing zu unterstützen.
Wenn ein kleiner Kiosk in Strandnähe bei Sonnenschein seine Sonnenschirme an Touristen für den doppelten Preis verkauft, der im Supermarkt eines Wohngebiets in 20 Minuten Entfernung verlangt wird, dann ist dies vermutlich auf das Bauchgefühl des Kioskbesitzers zurückzuführen. Einziges Ziel des Verkäufers ist es offenbar, den Gewinn zu maximieren, was er durch seine Strategie der Preisdifferenzierung anhand von Wetterbedingungen erreichen möchte. Er leitet aus seinen Erfahrungswerten ab, dass die Kunden direkt am Strand bei Sonnenschein eine höhere Preisbereitschaft aufweisen als bei Regenwetter und dass er durch Anhebung seiner Preise größere Gewinne abschöpfen kann. Er handelt in einem räumlich stark eingegrenzten Gebiet – nämlich lediglich in seinem Strandabschnitt – und seine Produktauswahl umfasst wenige Artikel, sodass der Aufwand für eine Preisanpassung gering ist.
Für ein überregional agierendes Unternehmen reicht aber ein Bauchgefühl zur Preisfestlegung nicht aus. Solche Unternehmen haben bei der Preisbildung weitaus mehr Faktoren zu berücksichtigen und verfolgen neben einer reinen Gewinnmaximierung oft noch weitere Ziele, wie beispielsweise eine Steigerung der Marktabdeckung oder die Erhöhung des Marktanteils. Um eine preispolitische Strategie entwickeln zu können, müssen sie ihren preispolitischen Spielraum genau kennen. Dieser ist einerseits abhängig von den Kosten der Bereitstellung eines Artikels selbst, andererseits von dem Verhalten der Nachfrageseite und der Konkurrenz. Gerade durch den Onlinehandel ist die Variabilität dieser Einflüsse gestiegen, sodass sie in kurzen Zeitabständen überprüft werden müssen, um auf Änderungen eingehen zu können. Wie auch der Kioskverkäufer am Strand müssen Unternehmen alle Kriterien innerhalb ihres Einflussgebietes betrachten, das sich allerdings nicht nur auf einen Strandabschnitt reduziert, sondern über Regionen, Länder oder unter Umständen weltweit verteilt ist.
Diese vom Unternehmen durchgeführte Analyse, Planung, Festlegung, Durchsetzung und Überwachung von Preisen und Konditionen, die ein 22 FACHTHEMA Kunde für die Inanspruchnahme von Unternehmensleistungen entrichten bzw. akzeptieren muss, nennt man Preismanagement oder auch Pricing (Schleusener, Michael (2018): Preismanagement. Hg. v. Springer Gabler Verlag. Gabler Wirtschaftslexikon. Online verfügbar unter https://wirtschaftslexikon.gabler.de/defi nition/preismanagement-44409/version-267720, zuletzt aktualisiert am 16.02.2018, zuletzt geprüft am 07.04.2018.).
Datenbasis der Preisbildung erweitern
Eine essentielle Rolle für die Entscheidungssicherheit im Pricing spielt die Datenbasis. Unternehmen, die ihre Preise lediglich unter Berücksichtigung der abzudeckenden Kosten festlegen, haben einen Nachteil gegenüber denen, die über eine breite Datensammlung verfügen, diese Daten untereinander verknüpfen und anhand derer auch die Preisbildung vornehmen. Je besser die Datenbasis also die Realität abbildet, desto besser können auch Preismanagemententscheidungen getroffen werden. Einerseits sollten dazu neben den unternehmensinternen Daten auch externe Daten (wie Wettbewerbspreise, Markenbewusstsein etc.) einbezogen werden, andererseits sollte der geographische Bezug der Daten berücksichtigt werden. Auf Basis solcher Daten raumbezogene Strategien zu entwickeln sowie raumbezogene Maßnahmen einleiten zu können, birgt für Unternehmen große Potentiale.
Häufig ist der Raumbezug von unternehmensinternen Daten durch Adressen oder durch die Zuordnung zu einem Gebiet (beispielsweise Bundesland, Landkreis, Kommune oder auch Vertriebsgebiet) indirekt gegeben. Für die Weiterverarbeitung muss diese Information jedoch in Koordinaten übertragen werden. Die Zuordnung von Lagekoordinaten zu einer Adresse wird als Geocodierung bezeichnet und macht es erst möglich, Daten untereinander in einen räumlichen Bezug zu setzen und beispielsweise auf einer Karte zu visualisieren.
Unterstützung des Pricings durch GIS
Um die raumbezogenen Informationen verarbeiten zu können, kommen Geographische Informationssysteme (GIS) zum Einsatz. Geocodierte Daten können mithilfe eines GIS erfasst, verwaltet, analysiert und in Form von Karten präsentiert werden, sodass ein Informationsgewinn erzielt wird, der wiederum das Preismanagement unterstützt.
Was ist Geopricing?
Unter Geopricing ist also der Einbezug von Geoinformationen im gesamten Prozess der Preisfestlegung zu verstehen. Dazu wird der Raumbezug unternehmenseigener Daten mithilfe der Geocodierung hergestellt, sodass diese unter Einbezug von GIS-Funktionalitäten analysiert und mit unternehmensexternen Geoinformationen verknüpft werden können. Im Idealfall werden diese Funktionalitäten in bereits bestehende Systeme zur Preisfestlegung integriert. Zentraler Bestandteil des Geopricings stellt neben der Preisfestlegung auch die Preiskontrolle dar, die durch Geovisualisierungen die Prüfung der Preisfestlegung optimiert
Insbesondere für Unternehmen, die ihre Preisbildung und -kontrolle bereits mithilfe von spezialisierter Preismanagement-Software durchführen, könnte die Anwendung von Geopricing daher interessant sein. Anhand von einem Beispiel zum Thema Carsharing lässt sich zeigen, wie die ersten Schritte in Richtung Geopricing in der Praxis aussehen und welcher Erkenntnisgewinn daraus hervorgehen könnte.
Geopricing in der Praxis am Beispiel Carsharing
Um den Einsatz von Geopricing in der Praxis zu demonstrieren, wurden frei verfügbare Daten in einer prototypischen Anwendung analysiert und visualisiert, sodass Optimierungsmöglichkeiten der Preisbildung und -kontrolle erfasst werden konnten. Die Datengrundlage für unternehmensinterne Daten wurde durch Informationen, welche die Deutsche Bahn in ihrem OpenData Portal (Open Data Portal der DB: http://data.deutschebahn.com/dataset/data-fl inkster) über den Carsharing Dienst Flinkster zur Verfügung stellt, modelliert. Des Weiteren wurden unternehmensexterne Daten durch Daten hinsichtlich der Sozioökonomie und PKW-Dichte abgebildet. Außerdem hinzugezogen wurden soziodemographische Daten, Feinstaubwerte und Positionen von Stationen konkurrierender Anbieter.
Anhand des erläuterten Beispiels und mit den genannten Daten als Analysegrundlage wurde dann die Vorgehensweise des Geopricings, die Abb. 1 zeigt, ausgearbeitet. Die visuelle Aufbereitung und das Überlagern der Informationen in einer Karte verschafften einen Erkenntnisgewinn „auf einen Blick“, der für das Pricing von Nutzen ist, wie in dem folgenden Beispiel (Abb. 2) deutlich wird:
Die visuelle Aufbereitung und das Überlagern der Informationen in einer Karte verschafften einen Erkenntnisgewinn „auf einen Blick“, der für das Pricing von Nutzen ist, wie in dem folgenden Beispiel (Abb. 2) deutlich wird:
Der Kartenausschnitt zeigt drei Carsharing Stationen, ihre jeweilige Auslastung durch den Radius der blauen Kreise und ihre Erreichbarkeiten in Form von grünen Flächen (2,5 km dunkelgrün, 5 km hellgrün). Die Entfernung zu den Stationen ist für einen Nutzer, der im Einzugsbereich zweier Stationen startet, sehr ähnlich. Aus dieser Erkenntnis könnte zwecks Optimierung der Auslastung eine Maßnahme (beispielsweise ein Preisnachlass) abgeleitet werden, um Nutzer in überlappenden Einzugsgebieten zu motivieren, die geringer ausgelastete Station anzusteuern.
Auch bei der Preiskontrolle konnten GIS-Funktionalitäten zur Überprüfung gezahlter Endverbraucherpreise eingesetzt werden (siehe: Abb. 3).
Auf diesem Kartenausschnitt sind die Buchungen an zwei Stuttgarter Carsharing-Stationen dargestellt, für die mehr als 1.200 € bezahlt wurden. Besonders hohe Preise pro Buchung weisen beispielsweise darauf hin, dass der Buchungszeitraum sehr lang andauerte. Häufen sich solche Fälle an einer Station, wie an der Station Stuttgart Nord, so ist also davon auszugehen, dass im Gegensatz zur Station Stuttgart West dort viele Langzeitbuchungen stattgefunden haben. Auf Basis der geovisualisierten Preiskontrolle konnte eine Abweichung aufgedeckt werden, sodass für die untersuchten Stationen zuvor getroffene Preisentscheidungen korrigiert werden könnten, um diese Art der Nutzung zu fördern oder zu reduzieren.
Das gezeigte Beispiel macht deutlich, dass die Integration von GISFunktionalitäten in den Preismanagementprozess einen Mehrwert für das Preismanagement erzielen kann. Informationen werden nämlich insbesondere geographisch und visuell für den Anwender oder Entscheider verknüpft, sodass Zusammenhänge schneller sichtbar werden und Maßnahmen räumlich gezielt initiiert werden können. Darüber hinaus wurde an dem Beispiel auch deutlich, dass Geopricing im Idealfall als ein integrierter Bestandteil bereits vorhandener Pricingtools eingesetzt wird, um die Bereitstellung geographischer Analysen und Visualisierungsmöglichkeiten in Kombination mit Preisanalysetools für Entscheidungsträger zu ermöglichen. Der konkrete Anwendungsfall entscheidet allerdings, welche GIS-Funktionalitäten im Detail zur Unterstützung des Pricings herangezogen werden sollten.
Die Zukunft von Geopricing mit ISB AG
Im Gegensatz zum Sonnenschirmverkäufer, der den Preis für einen Artikel an einem Ort differenziert festlegt, haben unsere Kunden weitaus komplexere Entscheidungen bezüglich ihres Preismanagements zu treffen, zu denen sie idealerweise nicht ihr Bauchgefühl, sondern Pricingtools heranziehen.
Wir, die ISB AG, können Sie dabei mit unserem Know-how bezüglich professioneller Pricing-Lösungen unterstützen. Mit Ihnen gemeinsam analysieren wir die Anforderungen, identifizieren Anwendungsfälle und können Ihr Preismanagement durch unsere langjährigen GIS-Erfahrungen um den geographischen Bezug erweitern.