

Projektbericht
Datengestütztes Kommunales Bildungsmanagement
Das Thema Schule & Bildung ist ein wichtiges Strategiethema der ISB AG. Seit über 10 Jahren vertrauen unsere Kunden der Kultus- und Bildungsbehörden auf unsere Expertise, wenn es um die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen der Schulaufsicht und der Schulverwaltung geht. In der vorigen Ausgabe der ISBaktuell haben wir uns mit Ansätzen beschäftigt, wie Digitalisierung im Bildungsbereich im Allgemeinen gelingen kann. Im vorliegenden Artikel möchten wir den Blickwinkel der Kommunen einnehmen und erläutern, welche Herausforderungen „Kommunales Bildungsmanagement“ mit sich bringt und welche Unterstützungsansätze wir sehen.
Was verstehen wir unter Kommunalem Bildungsmanagement?
In der Steuerung unseres Schulsystems sind verschiedene Akteure auf verschiedenen Ebenen involviert. Neben den Kultus- und Bildungsministerien der Länder und den Schulen selbst sind auch die Kommunen maßgeblich beteiligt. Jeder der Beteiligten übernimmt dabei festgelegte Aufgaben, die teilweise in Abhängigkeit zueinanderstehen und somit eine enge Kooperation untereinander nicht nur hilfreich, sondern auch erforderlich machen.
Bei den ministeriellen Prozessen stehen hoheitliche Aufgaben im Fokus. Bildungsforschung, Bildungsmonitoring und deren Unterstützung durch digitale Prozesse gewinnen zunehmend an Bedeutung. Außerdem nehmen wir einen zunehmenden Bedarf an steuerungsrelevanten Daten wahr. Beispielhaft seien hier die Überlegungen der Kultusministerkonferenz (KMK) genannt. Diese hat schon vor einigen Jahren die Einführung eines einheitlichen Kerndatensatzes für die Schulstatistik und Schulsystemsteuerung vorgeschlagen.
Auf schulischer Seite gilt es den operativen Alltag sowie Planungsprozesse möglichst mit Unterstützung von moderner IT zu erleichtern. Die Prozesse zum Management der Schule gehen von der Anmeldung der Schüler bis hin zur Zeugniserstellung. In Abstimmung mit der Schulaufsicht wird der Personalbedarf zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung geregelt.
Der rote Kasten (Abbildung 1, Mitte) zeigt die Verwaltungs- und Steuerungsprozesse der Kommunen. Mit diesen möchten wir uns im Rahmen des „Kommunalen Bildungsmanagements“ beschäftigen.

Welchen Herausforderungen stellt sich das Kommunale Bildungsmanagement?
Um diese Frage zu beantworten, haben wir uns mit dem Nationalen Bildungsbericht 2020 beschäftigt (www.bildungsbericht.de), welcher bereichsübergreifend die aktuelle Entwicklung des Bildungssystems dokumentiert. Er bietet so eine Grundlage für fundierte Diskussionen in Bildungspolitik, Bildungsverwaltung und Öffentlichkeit. Es werden auch Bereiche tangiert, die mit den Aufgabenfeldern der Kommunen in Verbindung stehen. Einige davon wollen wir uns beispielhaft anschauen:
- - Schulentwicklungsplanung:
Eigentlich eine langfristig angelegte Aufgabe (z.B. Schulneubauten); durch Neuerungen in der Schullandschaft aber besteht teilweise auch recht kurzfristiger Handlungsbedarf. Seit dem Wegfall der bindenden Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg gibt es beim Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule einen deutlich höheren Bedarf an Schulplätzen bei den Gymnasien. Was aber ist, wenn die Eltern ihre Kinder überschätzt haben? Dann müssen Schülerströme zurück auf die anderen Schularten bewältigt und organisiert werden – ein Thema, das nicht nur die Schulleitung und die Schulaufsicht, sondern auch die kommunalen Schulträger betrifft. • Herausforderung Sprache: In den letzten Jahren sind viele Menschen nach Deutschland zugewandert. In den Städten ist der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund größer als im ländlichen Raum. Im Schnitt kommt erst jedes fünfte Kind in der Kita verstärkt mit der deutschen Sprache in Berührung. Die nicht ausreichenden Sprachkenntnisse sind damit bei der Einschulung eine große Herausforderung. In enger Abstimmung zwischen Schule, Schulaufsicht und Schulträger werden deshalb entsprechende Vorbereitungsklassen eingerichtet. Darüber hinaus haben einige Kommunen freiwillige kommunale Schulprogramme aufgesetzt, um hier Unterstützung zu bieten. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Heidelberg. Schlagworte wie „Durchgängige Sprachförderung“ und das „Heidelberger Unterstützungssystem Schule (HÜS)“ sind dem Schulentwicklungsplan der Stadt zu entnehmen. Um nun aber effektiv und effizient über die richtigen Maßnahmen entscheiden zu können, wo solche zusätzlichen Bildungsangebote am dringendsten gebraucht werden, bedarf es vernünftiger Daten.
- - Außerschulische Betreuung/Ganztagsbetreuung:
In der Schulzeit des Autors war es „normal“, dass die Mutter nach der Schule gekocht hat und sich um die Hausaufgabenbetreuung gekümmert hat. Das ehemals sehr verbreitete „Alleinverdienermodell“ der Familienväter ist inzwischen nur noch in jeder fünften Familie anzutreffen. Immer häufiger sind beide Elternteile berufstätig: Dies trifft auf knapp die Hälfte der Familien zu. Waren Alleinerziehendenfamilien früher noch eher die Ausnahme, werden sie in den letzten Jahren zu einer häufiger anzutreffenden Familienform: Heute lebt in jedem fünften Eltern-Kind-Haushalt nur ein erwachsener Elternteil. Kein Wunder also, dass der Bildungsbericht einen starken Ausbau des Angebotes an Ganztagesplätzen prognostiziert. Auch hierfür benötigen die Kommunen Planungs- und Steuerungsdaten, um ein bedarfsgerechtes Angebot bereitstellen zu können.

Unser Lösungsansatz für ein Kommunales Bildungsmanagement
Voraussetzung: eine einheitliche und valide Datenbasis
Alle Beteiligten benötigen zur Erfüllung ihrer Aufgaben oftmals dieselben Daten. In der Praxis werden die benötigten Daten jedoch immer wieder aufs Neue erfasst. Hierfür werden zahlreiche unterschiedliche und teilweise selbstgebaute Lösungen verwendet. Vielerorts werden benötigte Informationen in Form von Listen noch auf dem Postweg, per Fax oder E-Mail versendet und anschließend händisch in diverse Systeme eingepflegt. Die Folge: Daten sind aufgrund der vielen Medienbrüche nicht valide, es entsteht hoher Prüf- und AnpassungsAbbildung 2: Bedarf an Ganztagsbetreuung im Grundschulalter gemäß Bildungsbericht (Quelle: www.bildungsbericht.de) aufwand. Insgesamt werden viel Zeit und Personal investiert und das in Zeiten knapper (Schul-)Ressourcen. Vernünftige Daten in der richtigen Qualität und zur richtigen Zeit erhalten die Entscheidungsträger dann, wenn bei den Schulen nicht ein „Flickenteppich“ an verschiedenen Lösungen, sondern ein einheitliches Schulverwaltungsprogramm im Einsatz ist. Für die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wurden von der ISB AG bereits landesweit einheitliche Schulverwaltungssysteme umgesetzt, die allen Schulen der jeweiligen Länder flächendeckend und kostenlos zur Verfügung stehen. Die Schulen pflegen die Daten im Rahmen ihres Tagesgeschäfts in die Schulverwaltungssoftware ein. Anhand von Plausibilitätsregeln werden die Daten der Schulen validiert und anschließend über Schnittstellen zur Erhebung der Amtlichen Schulstatistik ohne Medienbrüche direkt an die Schulaufsichtsbehörden übermittelt. Daraus werden Statistiken erstellt, die wertvoll sind für bildungspolitische Entscheidungen von den Kultusverwaltungen und Schulaufsichtsbehörden.

Prozesse des Kommunalen Bildungsmanagements
Die Prozesse des Kommunalen Bildungsmanagements basieren sehr häufig auf Daten, die in den Schulen bereits vorliegen. Durch geeignete Schnittstellen in der Schulverwaltung können die Daten „auf Knopfdruck“ zur weiteren Verarbeitung nutzbar gemacht werden. Es entsteht eine integrierte Gesamtlösung, in der Verwaltungsprozesse (Fach- und Querschnitts-Dienste) über alle Ebenen des Schulsystems medienbruchfrei möglich werden. Eine solche Gesamtlösung ist die Grundlage für ein Kommunales Bildungsmanagement. Somit bietet eine vom Land eingeführte, landeseinheitliche Schulverwaltungssoftware enormes Potential für die Kommunen. Mit dem richtigen Ansatz nutzen sie die vorhandenen Daten für ihre Planungs- und Steuerungsprozesse.
Beispiele für Prozesse des Kommunalen Bildungsmanagements sind u.a.:
Gastschülerabrechnung (Interkommunale Schullastenausgleiche):
Gerade in größeren Kommunen mit Schulzentren bzw. Spezial-Schulen nehmen Schüler von außerhalb am Unterricht teil. Die Erhebung und Weiterverarbeitung von Gastschülerdaten (z.B. für Abrechnungszwecke) wird mithilfe des Kommunalen Bildungsmanagements vereinheitlicht und automatisiert.
Kommunale Schulstatistik:
Aktuelle Schülerzahlen in den Schulen eines Schulträgers können schnell und ohne manuellen Erhebungsaufwand ermittelt und ausgewertet werden. Abbildung 3: Überblick Lösungsansatz
Kommunales Bildungsmanagement (KBM) Schülerentwicklungsplanung:
Die Entwicklung der Schülerzahlen in der Vergangenheit sowie Prognosen über die zukünftige Entwicklung sind Voraussetzung für die Schulentwicklungsplanung (u.a. können so Entscheidungen zum Neubau von Schulen unterstützt werden).
Schulwegeplanung:
Ausgehend von Adressdaten der Schülerinnen und Schüler aus dem Datenbestand der Schulen bzw. der Meldeämter kann eine Schulwegeplanung erfolgen.
Schülerbeförderung:
Die Erstattung von Beförderungskosten wird über den Schulträger beantragt. Kommunales Bildungsmanagement unterstützt den Verwaltungsprozess digital sowohl beim Schulträger als auch in den Schulen
Bausteine des Kommunalen Bildungsmanagements
Kommunales Bildungsmanagement (KBM) ist eine eigenständige Lösung, welche über Schnittstellen nahtlos mit vor- und nachgelagerten Systemen (z.B. Schulverwaltungsprogrammen) gekoppelt ist.
Die für den Schulträger bzw. die Prozesse des Kommunalen Bildungsmanagements relevanten Daten werden in einer kommunal-zentralen Datenbank gespeichert, aufbereitet und stehen somit für die Weiterverarbeitung bzw. Auswertung zur Verfügung.
In den unterstützten Fachverfahren werden die Daten zielgerichtet verwendet. Typische Fachverfahren des KBM sind z.B. Gastschülerabrechnung, Schülerdaten, Schulentwicklungsplanung etc. Aber auch die Bereitstellung eines Berichtswerkzeugs zur Erstellung von Dokumenten und Auswertungen ist Teil von KBM.
Eine moderne, web-basierte Anwendung steht dabei allen Akteuren des Kommunalen Bildungsmanagements (Schulträger, Schulen, etc.) zur Verfügung.
Umsetzungsbeispiel bei der Stadt Augsburg
Gemeinsam mit der Stadt Augsburg haben wir in diesem Jahr das Modul „Gastschüler“ als erstes Modul des KBM umgesetzt. Bei diesem Modul geht es fachlich um die Digitalisierung des kompletten Prozesses rund um die Gastschülerabrechnung. Schülerinnen und Schüler, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort (bzw. Beschäftigungsort im beruflichen Bereich) nicht im Sprengel der jeweiligen Schule liegt, sind Gastschüler. Für sie kann der Schulaufwandsträger nach den Maßgaben des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG) eine finanzielle Beteiligung an den Kosten des Schulaufwands verlangen.
Allein in Augsburg erfolgt bei den rund 70 Schulen für über 7.000 Gastschüler in jedem Schuljahr die Abrechnung eines zweistelligen Millionenbetrages mit den entsprechenden umliegenden Landkreisen und kreisfreien Städten.
Bei den allgemeinbildenden Schulen der Stadt Augsburg wird, so wie in ganz Bayern, die landesweit einheitliche und von ISB entwickelte Schulverwaltungssoftware ASV eingesetzt.
Alle relevanten Informationen zur Bestimmung des Gastschülerstatus werden in der Schulverwaltungssoftware ASV gepflegt. Über eine definierte Schnittstelle können diese Daten in die neu entwickelte Gastschülersoftware eingespielt werden. In der modernen Webanwendung haben alle beteiligten Akteure entsprechenden Zugriff. Die Mitarbeiter des Schulverwaltungsamtes prüfen die Daten auf ihre Konsistenz. Die Software kalkuliert automatisch die entsprechenden Beträge für die Abrechnung. Nach Prüfung durch den Kostenträger erstellen die Mitarbeiter der Fachabteilung die Anschreiben und Rechnungsdokumente direkt in der Software. Somit sind alle Prozessschritte für alle Akteure auf einer Plattform konsolidiert. Weitere Details sind der folgenden Abbildung zu entnehmen.

Fazit und Ausblick
Damit die Kommunen ihre Aufgaben effizient erfüllen können, müssen die erforderlichen Daten schnell und vor allem valide zur Verfügung stehen. Die jeweiligen Verwaltungsprozesse müssen dabei idealerweise durchgehend digital zur Verfügung stehen.
Ein kommunales Bildungsmanagementsystem wird diesen Anforderungen gerecht und entlastet die Kommunen nachhaltig. Unter Berücksichtigung des Datenschutzes können direkt aus der Schulverwaltung heraus die von der Kommune benötigten Daten per Knopfdruck generiert und aufbereitet werden. Verfahren und aufwändige Prozesse werden vereinfacht und automatisiert. Medienbrüche werden vermieden, manuelle Erhebungen von Daten und deren Konsolidierung werden systematisch reduziert, was eine höhere Datenqualität durch weniger Abbildung 4: SOLL-Prozess der Gastschülerabrechnung Rückläufe zur Folge hat. Handlungsempfehlungen für bildungspolitische Entscheidungen lassen sich aus zukünftigen bildungsrelevanten Entwicklungen ableiten.
Mehrere Kommunen haben schon ihr Interesse an diesem Lösungsansatz bekundet. Die ISB plant deshalb gemeinsam mit der Stadt Augsburg in den nächsten Monaten eine (Online-)Informationsveranstaltung. Ziel der Veranstaltung ist es, die Software weiteren Kommunen vorzustellen und über die ersten Erfahrungswerte beim Einsatz der Software in Augsburg zu berichten. Gemeinsam mit der Stadt Augsburg legt die ISB AG mit dem Thema Gastschülerabrechnung einen wichtigen Grundstein für ein datengestütztes kommunales Bildungsmanagement, das in der Zukunft schrittweise weiterentwickelt und erweitert wird.
