

Projektbericht
Archivrechtlich konforme Aussonderung in Zeiten der Digitalisierung
Die Digitalisierung in der Öffentlichen Verwaltung schreitet voran. Man kann nicht verschweigen, dass dies an der ein oder anderen Stelle noch hakt und sicherlich noch viel zu tun ist. In den letzten Jahren wurden nun aber vor allem durch rechtliche Rahmenbedingungen Fakten geschaffen, die den E-Government-Reifegrad in Deutschland erheblich beschleunigen bzw. beschleunigen werden. Hierzu gehört insbesondere das E-Government-Gesetz, welches u.a. die elektronische Aktenführung vorschreibt.
Doch was geschieht eigentlich mit elektronischen Akten/Vorgängen oder Dokumenten (im Folgenden bezeichnet als elektronische Unterlagen oder Schriftgutobjekte), wenn deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind? Sie müssen, genau wie Akten in Papierform, an das zuständige Archiv ausgesondert werden. Das Archiv nimmt eine Bewertung der Unterlagen vor und entscheidet über die Vernichtung oder Archivierung. Hier wird im Zuge der Einführung der elektronischen Aktenführung eine technische Lösung gefordert sein, sodass der Datenaustausch zwischen aussondernder Stelle und dem Archiv gewährleistet wird – und das Ganze archivrechtlich konform. Da es in den Bundesländern unterschiedliche Systeme zur elektronischen Aktenführung geben wird und jedes Landesarchiv mit individueller Infrastruktur und individuellen Softwarekomponenten arbeitet, werden die Bundesländer ganz individuelle Wege bei der Aussonderung von elektronischen Unterlagen einschlagen. Auch auf Bundesebene muss dieses Thema gelöst werden. Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick auf Bayern werfen, wo ISB, gemeinsam mit der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, eine Lösung für die Aussonderung von elektronischen Unterlagen geschaffen hat.
Archivrechtlich konforme Aussonderung in Bayern bereits möglich
Das bayerische E-Government-Gesetz ist zum 01.01.2018 in Kraft getreten und schreibt eine landeseinheitliche, elektronische Aktenführung vor. Dies veranlasste die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, eine Lösung für die nun geforderte elektronische Aussonderung und Langzeitspeicherung der elektronischen Unterlagen zu finden. Ziel war es, den Archiven ein Werkzeug bereitzustellen, welches die auszusondernden elektronischen Unterlagen entgegennimmt, gleichzeitig eine Bewertung, Nachbewertung, Kassation, Strukturierung und einen Ingest der Unterlagen durch die zuständigen Archivare zulässt und anschließend eine elektronische Langzeitspeicherung ermöglicht – vorausgesetzt, die elektronischen Unterlagen wurden als archivwürdig bewertet.
ISB erhielt im Jahr 2016 den Zuschlag zur Implementierung dieses Werkzeuges – des sogenannten XDOMEA-Aussonderungsclients. Es handelt sich um eine Webanwendung, welche auf Grundlage des Datenaustauschstandards xdomea eine archivrechtlich konforme Aussonderung aus Vorgangsbearbeitungs- und Dokumentenmanagementsystemen sowie gleichzeitig die Anbindung an den Langzeitspeicher (DIMAG) ermöglicht. In Bayern wird die sogenannte eGov-Suite (Hersteller Fabasoft) als landesweit einheitliches Vorgangsbearbeitungsund Dokumentenmanagementsystem eingesetzt. ISB erarbeitete, gemeinsam mit der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, einen Vorschlag für die Nachrichtenformate zum Datenaustausch zwischen der eGov-Suite und dem XDOMEA-Aussonderungsclient. Diese Formate sind als Subsets des xdomea-Standards umgesetzt. Abbildung 1 zeigt den technischen Kontext des XDOMEA-Aussonderungsclients. Darin sind die folgenden Systeme abgebildet:

- Virtual Desktop Infrastructure (VDI) für den Zugriff auf die grafische Oberfläche
- Terminal Server als Laufzeitumgebung
- PostgreSQL Datenbank zur Zwischenspeicherung von Metadaten
- Netzwerkspeicher für eingehende und ausgehende Nachrichten zu anliefernden Systemen (z.B. Fabasoft eGov-Suite)
- Archivspeicher DIMAG und Alternativspeicher für das Speichern der Aussonderungen und das Ablegen der elektronischen Unterlagen
- Active Directory für die Authentifizierung und Autorisierung der Benutzer
Der Nachrichtenaustausch zwischen den Systemen inklusive der Benutzerinteraktion ist in Abbildung 2 beschrieben und läuft grundsätzlich wie folgt ab:
- Anbieten der zu archivierenden elektronischen Unterlagen
- Öffnen der Nachricht mit dem XDOMEA-Aussonderungsclient durch den Archivar
- Bewertung der Unterlagen im XDOMEA-Aussonderungsclient (Abbildung 3 zeigt einen Screenshot des Bewertungswerkzeugs)
- Zusammenstellung der als archivwürdig bewerteten Unterlagen in Form einer Aussonderung
- Öffnen der Aussonderung im XDOMEA-Aussonderungsclient durch den Archivar
- Ingest der archivwürdigen Unterlagen in den Archivspeicher
- Eventuelle Nachbewertung von noch nicht bewerteten Unterlagen
- Löschen der zu vernichtenden Unterlagen (Kassation) im Archivspeicher
- Strukturierung der zu archivierenden Unterlagen. Damit werden diese in die Bestände eines Archivs in Gruppen oder Archivab- teilungen eingegliedert und langzeitarchiviert


Somit hat ISB mit der Realisierung des XDOMEA-Aussonderungsclients nicht nur eine gewöhnliche Webanwendung realisiert, sondern hat gemeinsam mit der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns eine Software mit Vorzeigecharakter und Nachahmungseffekt geschaffen. Die Aussonderung elektronischer Unterlagen wird kommen – früher oder später. Um Überraschungen zu vermeiden und von den Erfahrungen anderer zu profitieren, lohnt sich in jedem Fall im Vorfeld der Blick nach Bayern.
Gemeinsam mit ISB die kommenden Herausforderungen lösen
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ISB begleitet und unterstützt die Öffentliche Verwaltung seit über 35 Jahren bei der Digitalisierung ihrer Kernprozesse. Mit Stolz blicken wir auf das etablierte archivfachliche Know-how unserer Mitarbeiter, welches durch jahrelange intensive Projektarbeit mit unseren Kunden aus dem Archivumfeld aufgebaut wurde.
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