Agilität – Wofür?

Fühlen Sie sich durch die schiere Anzahl der Publikationen, den Predigern und Revolutionären der agilen Transformation bedrängt? Haben Sie schon viele Hypes erlebt und vorübergehen sehen? Haben Sie die Erfahrung gesammelt, Neues besser mit Vernunft, Verstand und Bedacht anzugehen? Dann willkommen bei ISB und unserer Sicht auf einen sinnvollen, professionellen Umgang mit dem Thema Agilität.

Es schreckt nichts mehr ab als ein gefühlt willenloses Folgen eines Hypes. Insbesondere, wenn Hypes mit einem fast religiösen Fanatismus vertreten und gepredigt werden, regt sich in vielen von uns instinktiv Widerstand. Daher sind die Reaktionen auf das allerorts verkündete Allheilmittel Agilität mitunter auch kritisch. Je nach Kontext und gesammelten Erfahrungen finden Skeptiker Bestätigung in zahllosen gescheiterten Projekten, Unzufriedenheit bei Kunden und überzogenen Budgets. Es folgt sowohl bei Befürwortern als auch bei Gegnern das bequeme Verschanzen in der eigenen Überzeugung und das Sammeln von provokanten Argumenten für oder gegen die Veränderung. Siegt letztlich das Interesse am Neuen bzw. an den Erfahrungen anderer, egal welcher Überzeugung, sowie das Bedürfnis, den Dingen doch ein wenig mehr auf den Grund zu gehen, führt dies zu einer inhaltlichen und fundierten Auseinandersetzung mit dem Thema und eröffnet einen souveränen und objektiven Umgang damit. Man darf sowohl den bekennenden „Traditionalisten“, als auch den vermeintlich „Erleuchteten“ empfehlen, sich für den einen oder anderen Moment etwas weniger emotional als rational mit dem Thema zu beschäftigen, um mit einer gewissermaßen pragmatischen Herangehensweise schrittweise den maximalen Mehrwert aus dem Thema zu ziehen.

Warum?

Bei näherer Betrachtung gibt es gute Gründe sich dem Thema zu widmen, ohne eine Religion daraus zu machen. Das liegt wie schon so oft daran, wenn es signifikante Veränderungen gab, dass sich dann auch die Rahmenbedingungen geändert haben. Der Spruch, warum soll ich was verändern – ich bin doch so erfolgreich, wie ich bin – trägt eben nur solange, bis sich die Umwelt geändert hat. Die zahllosen, schon abgedroschenen, aber dennoch richtigen Beispiele kennen Sie alle: Nokia, die das Potenzial des Smartphones nicht realisiert haben, der erfolgreiche Schreibmaschinenhersteller AEG Olympia, der den Siegeszug des Computers verschlief, u.v.m. .

Aber was hat sich heute geändert, weshalb wir nicht weiter nach klassischen Methoden Projekte und Produkte herstellen sollten? Nichts – außer der Veränderung selbst! Die hat nämlich mit dem Einsetzen der Digitalisierung ihre Geschwindigkeit kontinuierlich gesteigert und hat inzwischen eine „disruptive“ exponentielle Entwicklung angenommen. Ich wiederhole an dieser Stelle nicht die vielen Beispiele, die das im täglichen Leben belegen. Nur noch mal zur Erinnerung, um das Jahr 2000 war ein privater Internetanschluss noch kein Standard, das Smartphone wurde gerade mal vor 10 Jahren erfunden und auf der anderen Seite wollen die großen Automobilhersteller zwischen 2019 (!) und 2021 das vollständig autonome Fahren auf unseren Straßen Realität werden lassen. Vergleichen Sie einmal im Geiste, was im gleichem Zeitraum vor 2000 passiert ist – oder in den Jahren davor.

Man muss bei näherer Betrachtung kein gläubiger Agilist sein, um zu erkennen, dass Firmen, die sich auch nur im Entferntesten auf einem Gebiet bewegen, das von der Digitalisierung tangiert wird, mit klassischen Projekt- und Produktentwicklungszyklen nach guter, bewährter Ingenieursdisziplin allein nicht mehr erfolgreich sein werden. Einfach weil das Produkt im Zweifel schon (von der Konkurrenz) überholt ist, wenn es nach 1- bis 3-jähriger Produktenwicklungs- bzw. Projektlaufzeit am Markt verfügbar ist.

Agilität als Allheilmittel?

Es wird deutlich, dass es eine Menge Herausforderungen gibt, die unter den gegebenen, sich ändernden Rahmenbedingungen nach einer anderen Herangehensweise verlangen. Na bitte, machen wir’s agil und alles wird gut. Agilität wird jedoch allzu schnell als Allheilmittel und Zaubermittel angepriesen. In der Tat beinhaltet das Grundkonzept der Agilität eine Reihe sehr sinnvoller Grundprinzipien, die helfen, mit den neuen Herausforderungen sinnvoller und besser umzugehen als mit den bisherigen. Das heißt aber nicht, dass ab sofort jedes Problem sprichwörtlich mit Agilität zu erschlagen wäre. Vielmehr lohnt es sich, die Aufgabenstellung genauer zu betrachten und zu entscheiden, nach welchen Kriterien das passende Vorgehen gewählt werden sollte. Zwei Fragen können hier helfen: Wie innovativ ist die Aufgabenstellung? Wie dynamisch sind der Markt bzw. die Marktanforderungen, in dessen Kontext die Aufgabe verortet werden kann? Abbildung 1 wagt eine Kategorisierung zur Orientierung.

Für den Moment einmal außer Acht lassend, welche organisatorische Auswirkung ein klassisches bzw. agiles Setting hat, könnte man für eine erste Einsortierung und Indikation für die geeignete Herangehensweise die in Abbildung 2 dargestellte Matrix aufspannen.

Als Zwischenfazit ließe sich formulieren: Agilität ist ein sehr probates und inzwischen wissenschaftlich wie praktisch bewährtes Mittel, um Vorhaben ab einem gewissen Innovationsgrad und einer relativ hohen Marktdynamik erfolgreicher umzusetzen als mit bisher etablierten Methoden. Da ein sehr großer Teil der Projekte, die ISB mit ihren Kunden zusammen verwirklicht, in diese Kategorie fallen, ist für uns inzwischen selbstverständlich, dass Agilität zum Handwerkszeug und zum Grundverständnis eines ernsthaften Anbieters von Digitalisierungsleistungen gehört. Wir vertreten allerdings nicht die Ansicht, dass Agilität die Antwort auf alle Fragen ist. Man kann den Eindruck gewinnen, dass dies aktuell der eine oder andere Manager nach einem verordneten Besuch im Silicon Valley glaubt.

Das Problem: Agilität beginnt im Kopf und es gibt kein Kochrezept

Unglücklicherweise gibt es kein Kochrezept für Agilität und es reicht nicht aus, die Mitarbeiter auf eine Schulung zu schicken. Um mit den oben beschriebenen Marktanforderungen umzugehen, ist es vielmehr von Nöten, Grundprinzipien zu überdenken und die Einstellung zur Zusammenarbeit auf allen Ebenen neu zu justieren. An dieser Stelle sollen nicht die Grundprinzipien der Agilität erneut aufgezeigt und erläutert werden. Das haben schon oft genug andere getan – feststeht, dass das Potenzial der Agilität nur mit einem entsprechenden Mindset auf allen Ebenen und einer Weiterentwicklung der eigenen Firmenkultur hin zu mehr Selbstverantwortung und Selbstorganisation gehoben werden kann. Andernfalls entstehen nämlich die vielen Beispiele für missglückte agile Projekte, die den Gegnern von Agilität vermeintlich als Beweis dafür dienen, dass sie Recht hatten. Der Veränderungsprozess dorthin ist i.d.R. ebenso ein kontinuierlicher, iterativer Prozess wie ihn die Agilität selbst ausmacht. Ohne Fehlertoleranz, Geduld und Vertrauen werden Sie die Früchte nicht ernten können. Das heißt unter Umständen für die Organisation, dass ein Kulturwandel vollzogen und mit etablierten Management-Paradigmen gebrochen werden muss. Funktionieren wird dies nur, wenn allen Beteiligten die Dringlichkeit bewusst ist bzw. diese kommuniziert wird.

Koexistenz von klassischem und agilem Vorgehen auf Dauer schwierig

Weiter oben wurde aufgezeigt, dass Agilität nicht als Allheilmittel verstanden werden sollte und dass es von der Aufgabenstellung und dem Marktkontext abhängt, welches Vorgehen das Sinnvollste ist. Soweit so gut. Im vorangehenden Abschnitt wurde ebenso erläutert, dass wirksame Agilität aber eben nicht nur ein Vorgehensmodell ist, welches isoliert auf ein Problem angewendet wird, sondern organisatorische Auswirkungen hat, die auf Teamorganisation, Zusammenarbeitsmodelle, Führungsphilosophie, Rollenverständnis, Karrieremodelle u.v.m. Auswirkungen hat. D.h. in dem Moment, in dem wir das isolierte Problem verlassen und die Summe der Herausforderungen einer Organisation betrachten, wird es auf Dauer schwierig, klassische und agile Herangehensweisen nebeneinander in Reinform koexistieren zu lassen ohne Kompromisse oder Abstriche eingehen zu müssen. Eine weitere Komplexitätsdimension erhält das Ganze, wenn wir davon ausgehen, dass komplexe Vorhaben nicht nur durch eine Organisation, sondern i.d.R. durch mehrere unterschiedliche Auftraggeber-/Auftragnehmerund Subauftragnehmer- bzw. Partnerverhältnisse umgesetzt werden. In Hinblick auf agile Vorgehensweisen macht sich schnell bemerkbar, wenn die verschiedenen Organisationen in der agilen Zusammenarbeit unterschiedliche Reife- und Erfahrungsgrade bzgl. agiler Methodik, der korrelierenden Vertragskonstrukte und der neuen Rollenmodelle haben. Entsprechend unterschiedlich fällt die Herausforderung aus, die agilen Vorhaben in teilweise noch eher klassische Führungs-und Berichtsstrukturen zu integrieren.

Wie begegnet ISB AG den Herausforderungen?

Nach wie vor ist ISB gefordert, ihren Kunden sowohl klassische Vorgehensmodelle wie das V-Modell XT als auch iterative und agile Methoden zur Projektdurchführung anzubieten. Den organisatorischen Herausforderungen begegnen wir, indem wir einen Teil des Entwicklungsprozesses sukzessive auf agile Verfahren umstellen (z.B. SCRUM). Auch in der Beratung und Konzeption auf strategischer und vorbereitender Ebene zur Softwareentwicklung werden zunehmend agile Methoden in Abstimmung mit dem Kunden eingesetzt (z.B. Kanban). Wesentlich hierbei ist, dass die Anwendung und die Einführung pragmatisch, in Abstimmung mit dem Kunden und mit Augenmaß erfolgen. Nicht die dogmatische Anwendung einer Methodik, sondern die sinnhafte Transformation auf eine Aufgabenstellung sowie das ständige Hinterfragen aktueller Prozesse und die Suche nach pragmatischen Lösungen führt Projekte zum Erfolg. Dabei sollte der Schwerpunkt auf der Wertschöpfung des Produktes liegen und nicht auf Bürokratismus. Auf diese Weise können auch klassische Projektvorgehensmodelle in der Zusammenarbeit mit dem Kunden – zumindest für eine Übergangsphase – auf eine agile Softwareentwicklung bei ISB abgebildet werden (Stichwort: Hybride Vorgehensmodelle).

Wenn agil, dann mit Verstand, Erfahrung und Augenmaß!

Insbesondere die intensive Auseinandersetzung zusammen mit dem Kunden, wie ein Vorhaben in der Zusammenarbeit in einem Auftraggeber-/Auftragnehmerverhältnis sinnvoll agil umgesetzt werden kann, ist entscheidend. Hier muss in feiner Abstimmung und mit Einbindung jedes einzelnen Beteiligten sowie unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen die passende Adaption einer Vorgehensmethodik gefunden werden, die für alle Seiten passt und „sich gut anfühlt“, um dann ggf. kontinuierlich adaptiert zu werden. Zusammen mit der passenden, begleitenden Beratung und dem Coaching in den Themen agile Vertragsgestaltung, agile Großprojekte und ggf. agiles Multiprojektmanagement ergibt sich ein Gesamtpaket, welches Sicherheit schafft. Im Übrigen auch im Thema Budgetsicherheit – denn für agile Projekte gibt es bei richtiger Anwendung ebenso Planungssicherheit in Punkto Budget, Zeit, Qualität und Umfang – und das bei richtiger Anwendung sogar mit weniger bürokratischem Aufwand und gleicher Sicherheit – fragen Sie uns und lassen Sie sich überzeugen!